02.05.2024
Industrie, Logistik und Mobilität sollen CO2-neutral werden. Grüner Wasserstoff könnte die Lösung sein. Wie dieser nach Europa kommt, was das kostet und wie neue Abhängigkeiten vermieden werden, war Thema einer Delegationsreise mit den Landesräten Markus Achleitner und Günther Steinkellner nach Belgien.
Zentraler Programmpunkt war der Besuch des Hafens Antwerpen-Zeebrugge. Das 152 Quadratkilometer große Areal – rund eineinhalb Mal so groß wie Linz – ist nach Umschlag und Umsatz der zweitgrößte Hafen Europas nach Rotterdam. 15 Prozent der Gas- und Flüssiggas-Importe Europas laufen über die Logistikdrehscheibe. Jedes Hafenterminal verfügt über einen direkten Bahnanschluss. Antwerpen ist außerdem Europas größter Autohafen: 3,5 Millionen Autos werden hier pro Jahr abgefertigt.
Der Hafen ist nach Koper und Hamburg die drittwichtigste für Oberösterreichs Exportwirtschaft. Derzeit fahren sieben Züge pro Woche mit Waren und Gütern aus Österreich nach. Belgien ist darüber hinaus seit dem Vorjahr fünftgrößter Exportmarkt für Österreichs Wirtschaft. Antwerpens Hafenverantwortlichen treiben die Transformation von Mobilität und Energie voran. Projekte umfassen zum Beispiel ein mit Wasserstoff angetriebenes Schiff, die Etablierung und den Ausbau eines Nahwärmenetzes sowie den Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Der gesamte Hafen soll klimaneutral werden. Die Technologieoffenheit spielt dabei eine große Rolle. „Das ist auch das Thema für Oberösterreich. Die Frage ist nicht mehr, ob, sondern wie wir die Transformation schaffen“, sagt Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner.
Luc Arnouts, Vizepräsident des Hafens von Antwerpen, will die Logistikdrehscheibe zum wichtigsten Umschlagplatz für erneuerbare Energie machen. Er präsentierte ein umfassendes Konzept, wie in Zukunft Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen importiert, im Hafen, in dem Unternehmen wie Borealis und BASF Standorte betreiben, produziert und über Pipelines in europäische Länder, allen voran Deutschland, transportiert werden soll. Der Hafen hat zum Beispiel den ersten wasserstoffbetriebenen Schlepper der Welt im Einsatz. In einem Projekt mit BASF wird CO2 auf alte Schiffe verladen und in aufgelassenen Öl- und Gasfeldern deponiert. Gleichzeitig sind Offshore-Windparks in Belgien ein großes Thema.
Forschungen und Projekte rund um Wasserstoff, Klimaneutralität und erneuerbare Energie gibt es in Antwerpen zuhauf. Beim Start-up D-CRBN in Antwerpen geht es in einem Pilotprojekt um CO2-Recycling mittels Plasma. Die vielversprechende Pilotanlage für die Nutzung von CO2 als Wertstoff soll nun mit Partnern und Kapital ausgebaut und ausgerollt werden. In Sachen Mobilität müsse, so Landesrat Günther Steinkellner, technologieoffen geforscht und entwickelt werden. „Nur mit E-Mobilität wird es nicht gehen“, ist er sich sicher. Wohin die Reise gehen könnte, zeigt die am Hafen ansässige Firma CMB.TECH. Das ist ein Schifffahrtsunternehmen mit einer mehr als 100-jährigen Geschichte. Seit 2017 baut Fortbewegungsmittel aller Art (Traktoren, Lkw, Kräne, etc.) um, damit sie mit Wasserstoff betrieben werden können. CMB.TECH bietet auch eigene Wasserstoff-Tankstellen an. Dafür hat das Unternehmen auch den Energy Globe Award gewonnen.
Wenige Kilometer vom Hafen entfernt, im belgischen Westerlo, rüstet sich der niederländische Lkw-Hersteller DAF Trucks für die Mobilität der Zukunft im Schwerverkehr. Bei Assistenzsystemen und Antriebsart treibt DAF Entwicklungen in alle Richtungen voran. „Wir haben hier einen 360-Grad-Ansatz“, sagt Verkaufsdirektor Michiel Kuijs. Daher fokussiert DAF Trucks bei den Antriebsarten parallel auf moderne Dieselantriebe, Hybrid, Batterieelektrizität und Wasserstoff. In der Logistikkette Antwerpens agiert auch das Schwertberger Logistikunternehmen Hödlmayr, das seit Jahrzehnten in Belgien eine Niederlassung betreibt. Die Tochterfirma in Tongeren hat Platz für rund 5.200 Fahrzeuge, von wo aus mehrere europäische Länder bearbeitet werden. Gleichzeitig betreibt das Familienunternehmen dort einen der größten Solarparks Belgiens und deckt damit den Energiebedarf von rund 1.200 Haushalten.
„Wasserstoff ist der Schlüssel zur Energiewende“, ist Landesrat Achleitner sicher. Da in Sachen Forschung und Entwicklung noch viele Hausaufgaben zu erledigen sind, gibt es einen internationalen Verbund, der Forschung und Entwicklung koordiniert. „Hydrogen Europe Research“ ist ein gemeinnütziger Verband, der in den vergangenen Jahren viele neue Mitglieder gewonnen hat. Mehr als 150 Universitäten sowie Forschungs- und Technologieorganisationen sind schon Mitglieder, davon drei aus Österreich. Das jüngste kommt aus Oberösterreich – das Energieinstitut Johannes Kepler Universität Linz. Geschäftsführer Robert Tichler und der Präsident der Organisation, Luigi Crema, unterzeichneten in Brüssel in der österreichischen Botschaft den Beitrittsvertrag. „Mit dem Beitritt heben wir den internationalen Wissensaustausch für uns auf das nächste Level“, betont Tichler.